Kanne (pitcher): Was ist das?

Kannendeckel (lid)

Wozu dient der Deckel?

Viele Leute glauben, dass der Deckel dazu diene, gefangene Insekten einzuschliessen. Nach dem Fang würde er sich wieder heben... Dies ist nicht der Fall! Der Deckel hält aber -während des Wachstums- die sich bildende Verdauungsflüssigkeit steril. Nachdem er sich aber einmal abgehoben hat, bewegt er sich nicht mehr, lockt aber in vielen Fällen durch seine Nektardrüsen Insekten an.

Deckel = neues Gebilde?

Sonderformen von Nepenthes pervillei

Die Sonderformen von Nepenthes pervillei zeigen eine Hohlrinne mit rückenständigem Spitzchen und einer Einschnürung (von der Seite und von vorn gesehen). Die Einschnürung kann unschwer als die Abgrenzung der Deckelregion betrachtet werden. Von vorn ist zu sehen, dass bereits einzelne Zähnchen der Kragenregion (Peristom) entwickelt sind.
Auch wenn Sonderformen kein Beweis sind, so führen sie uns doch zur einfachsten und sparsamsten Erklärung: Der Deckel ist ein vorwüchsiger Teil der Spreite! Der Blattnerv des Nepenthesblattes endet im Spitzchen und 2 starke Seitennerven bedienen den Deckel.

Gibt es vorwüchsige Spreiten?

Bauhinia-Blatt mit vorwüchsigen Spreiten

Natürlich gibt es diese vorwüchsigen Spreiten. Betrachten wir einmal Bauhinia-Blätter. Bei dieser Gattung der Schmetterlingsblütler gibt es solche, deren Blattspreite das Blattspitzchen weit überragt.

Bauhinia-Blatt mit weit vorragenden Spreitenteilen; BS = Blattspitze

Die Entstehung eines Nepenthesdeckels ist -ausgehend vom Bauhinia-Blatt- einfach zu erklären: Die Blattränder müssen an der Basis seitlich verschmelzen, oder anders gesagt, am Grunde des Spitzchens müssen Bildungsgewebe verschmelzen (Meristemfusion).

Zur Nervatur des Deckels

Jüngste Stadien von Nepenthes madagascariensis zeigen, dass 2 starke Deckelseitennerven vom Hauptnerv abzweigen. Der Deckelmittelnerv ensteht durch verschmelzende Abzweigungen aus diesen Deckelseitennerven. Ob dies allgemein gilt, müssen Untersuchungen an weiteren Arten zeigen.

Querschnitt durch jüngste Spitzenanlagen von N. madagascariensis

Nervenverlauf: DSN = Deckelseitennerven, DMN = Deckelmittelnerv

Deckel von Nepenthes villosa, DSN = Deckelseitennerven; Carson`s Camp, Kinabalu

Arten mit starken Deckelseitennerven

Einige Arten zeigen das Grundmuster, zwei starke Deckel-Seitennerven, sehr auffällig.

Deckel von N. rajah; Mesilau Cave, Kinabalu

N. rafflesiana-Kanne von der Rückseite; Singapore

Deckel von N. rafflesiana

Deckel von N. sanguinea; Cameron Highlands, Malaysia

Deckelbasis von N. sanguinea

Wie obige Überlegungen gezeigt haben, ist es durchaus möglich, das Nepenthesblatt mit einem gewöhnlichen Blatt zu homologisieren. Dabei ist es sogar möglich, mit recht einfachen Erklärungen auszukommen.

N. sanguinea: DSN = Deckelseitennerven; BS = Blattspitze (spur); die Nerven treten dank starker Behaarung sehr deutlich hervor