Grannenloser Glatthafer (Arrhenatherum elatius L.)

Glatthafer (auch Franz. Raygras oder Fromental) ist eine Kennart unserer Fettwiesen auf frischen Böden; das Gras erträgt aber -dank tiefem Wurzelwerk- auch durchaus zeitweilig trockene Lagen. Sehr gute Erkennungsmerkmale finden wir beim Aehrchen, das normalerweise zweiblütig ist. Die untere Blüte -meist männlich- hat eine markante, gekniete Deckspelzengranne. Sie spielt in allen Bestimmungstabellen eine wichtige Rolle. Vor wenigen Jahren fand ich ein erstes, grannenloses Arrhenatherum-Exemplar im Gantertal (Simplongebiet); letztes Jahr (2008) auch bei Rosswald und oberhalb Ried-Brig. Alle wachsen an Wegrändern und sind bestimmt aus Ansaaten hervorgegangen. Auch in Deutschland wurden solche Sippen gefunden. 2007 erschien denn auch eine zusammenfassende Darstellung in den Flor. Rundbriefen 40 (9-18).

Grannenloses Arrhenatherum, Simplongebiet

Grannenloses Arrhenatherum, Ausschnitt

Wie eine Publikation der Eidgenössischen Forschungsanstalten Reckenholz und Changins (Agrarforschung 12(7): 300-305, 2005) begründet, besteht ein Bedarf an grannenlosen Sorten (wie z.B. der Sorte Arone), weil diese grannenlosen Sorten bei der Ansaat mit Maschinen weniger Probleme bieten; die Grasfrüchte verhaken sich nicht.

Anschliessend an diese Tatsachen aber noch zwei Ueberlegungen: Wie soll ein Feldbotaniker diese Sorten bestimmen? Entweder er kennt Arrhenatherum schon lange und merkt, dass es sich um eine herausgezüchtete Sorte handelt -oder er bleibt bei der Bestimmung auf der Strecke. Natürlich wäre es grotesk, auf diese Sorten zu verzichten, nur weil Feldbotaniker mit der Bestimmung Schwierigkeiten haben. Aber in die Bestimmungsliteratur sollten diese neuen Tatsachen unbedingt einfliessen.

Arrhenatherum: Aehrchen mit Deckspelzen ohne Grannen

Ein zweites Problem:

Die Autoren der Forschungsanstalt gestehen den begrannten Sorten (also den ursprünglichen, den "Wildsorten") immerhin zu: "In Wiesen, welche aus Oekologisierungsgründen angesät werden, dürfen nur begrannte Sorten verwendet werden." Kann diese Trennung (Futterwiese: unbegrannte Sorten - Oekowiese: begrannte Sorten) wirklich aufrecht erhalten werden? Besteht nicht die Gefahr, dass das ursprüngliche Arrhenatherum elatius einer reinen Zwecküberlegung zum Opfer fällt?